Süßgetränke fördern die Gewichtszunahme, und erhöhen das Risiko, an Diabetes, Herz-Kreislaufkrankheiten und Karies zu erkranken. Ein neuer Cochrane-Review untersucht, welche Maßnahmen helfen können, den Süßgetränkekonsum zu reduzieren.
Die negativen gesundheitlichen Auswirkungen von regelmäßigem Süßgetränkekonsum sind wissenschaftlich gut belegt. Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die regelmäßig Süßgetränke trinken, entwickeln gehäuft starkes Übergewicht (Adipositas), Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Zahnkaries. Die Weltgesundheitsorganisation , die Deutsche Gesellschaft für Ernährung sowie zahlreiche Ärzteverbände wie z.B. die Deutsche Diabetes Gesellschaft empfehlen daher, nur wenig oder gar keine Süßgetränke zu trinken.
In den meisten Ländern, darunter auch Deutschland, ist der Süßgetränkekonsum in den letzten Jahrzehnten stark gestiegen. Unter Süßgetränken versteht man nicht-alkoholische Getränke mit zugesetztem Zucker, wie z.B. Cola und andere Softdrinks, Limonaden, Energy Drinks und gesüßte Eistees. In einem aktuellen Cochrane-Review sind Forscher* aus München und London der Frage nachgegangen, wie sich dieser Trend umkehren lässt.
Die Wissenschaftler haben untersucht, für welche bestehenden Maßnahmen es verlässliche wissenschaftliche Belege gibt, dass sie den bevölkerungsweiten Süßgetränkekonsum reduzieren. Sie haben sich dabei auf die Verhältnisprävention konzentriert, also auf Maßnahmen, die an Umgebungsfaktoren wie z. B. den Preisen, der Verfügbarkeit oder dem Labelling (Kennzeichnung) von Getränken ansetzen. Süßgetränkesteuern wurden von den Autoren nicht untersucht, da sie Gegenstand eines separaten Cochrane-Reviews sind.
Die Autoren sichteten mehr als 10.000 wissenschaftliche Veröffentlichungen, und identifizierten so 58 Studien zur genannten Frage, die vorab definierten Qualitäts- und Relevanzkriterien entsprachen. Diese 58 Studien wurden in 14 verschiedenen Ländern durchgeführt, und hatten zusammen genommen mehr als 1 Million Kinder, Jugendliche und Erwachsene als Teilnehmer. Die meisten Studien wurden in Schulen, im Einzelhandel, in Haushalten und in gastronomischen Einrichtungen durchgeführt.
Der Review ergab, dass es zu einer Reihe von Ansätzen wissenschaftliche Belege gibt, dass sie den Süßgetränkekonsum reduzieren. Hierzu zählen insbesondere die folgenden Maßnahmen:
- Einfach verständliche Lebensmittelkennzeichnungen, etwa mit Hilfe einer Farbcodierung nach dem Ampelprinzip.
- Preiserhöhungen auf Süßgetränke in Restaurants, Läden und Freizeiteinrichtungen.
- Verringerung des Angebots von Süßgetränken in Schulen.
- Kindermenüs in Restaurantketten, die standardmäßig statt eines Süßgetränks ein gesünderes Getränk enthalten.
- Die bessere Platzierung und Vermarktung von gesünderen Getränken in Supermärkten.
- Lebensmittelmarken für Bedürftige, mit denen Obst und Gemüse, nicht jedoch Süßgetränke vergünstigt erworben werden können.
- Lokale Gesundheitskampagnen mit einem Fokus auf Süßgetränke.
- Die Bereitstellung von alternativen Getränken im Haushalt bzw. zuhause.
Die Wissenschaftler fanden auch Belege zu einer Reihe weiterer Maßnahmen, allerdings schätzten sie für diese Maßnahmen die Verlässlichkeit der aktuell verfügbaren Evidenz als geringer ein. Teilweise liegt dies daran, dass die verfügbaren Studien unzuverlässige Methoden der Datenerhebung nutzten, oder nur mit wenigen Teilnehmern durchgeführt wurden. Die Verlässlichkeit der verfügbaren Evidenz für die Wirksamkeit der untersuchten Maßnahmen zeigte eine große Bandbreite, und lag zwischen sehr niedrig bis moderat.
Die Autoren untersuchten auch, ob es Hinweise auf unerwünschte Wirkungen der untersuchten Maßnahmen gibt. Denkbar ist zum Beispiel, dass der Gewinn von Einrichtungen, die Süßgetränke verkaufen, zurückgeht. Wenn in Schulen keine Süßgetränke mehr angeboten werden, könnte der Absatz von Süßgetränken außerhalb von Schulen ansteigen. Ebenso ist denkbar, dass Menschen infolge solcher Maßnahmen statt Süßgetränken andere ungesunde Produkte konsumieren, z.B. Süßigkeiten oder Alkohol. Die Autoren des Reviews stellten fest, dass nur in Einzelfällen über solche unerwünschten Effekte berichtet wurde, und auch in diesen Fällen ihrer Einschätzung nach die positiven Auswirkungen der Maßnahmen überwogen.
„Die Ergebnisse dieser Übersichtsarbeit sind von unmittelbarer Relevanz für die Politik in Deutschland“, sagt der Erstautor des Reviews, Peter von Philipsborn, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Pettenkofer School of Public Health an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. „Die Bundesregierung arbeitet zum Beispiel derzeit an einem Konzept für die Kennzeichnung des Nährwertgehalts von Lebensmitteln und Getränken. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass einfach verständliche Systeme mit einer Farbcodierung nach dem Ampelprinzip besonders vielversprechend sind. Das bereits in mehreren europäischen Ländern genutzte Nutriscore-System ist ein Beispiel hierfür.“
„Auch fordern die Deutsche Gesellschaft für Ernährung und Ärzteverbände wie die Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) schon lange, dass in Schulen keine Süßgetränke angeboten werden sollten. Leider sind wir hiervon in Deutschland noch weit entfernt. Dabei zeigen die Ergebnisse unserer Arbeit, dass dies eine wirkungsvolle Maßnahme ist, um den gesundheitsschädlichen Süßgetränkekonsum unter Kindern und Jugendlichen zu reduzieren“, betont Peter von Philipsborn.
„Der Review stellt die wesentlichen Bausteine einer umfassenden Strategie heraus, mit der sich der Süßgetränkekonsum in der Bevölkerung senken ließe“, sagt Autorin Prof. Eva Rehfuess, die den Lehrstuhl für Public Health und Versorgungsforschung an der LMU München leitet. „Trotzdem brauchen wir noch mehr Forschungsergebnisse, um sagen zu können, welche Maßnahmen in bestimmten Settings am besten wirken, etwa in der Schule oder am Arbeitsplatz, sowie bei Bevölkerungsgruppen mit unterschiedlichem sozioökonomischem und kulturellem Hintergrund.“
„Die Häufigkeit von Adipositas und Diabetes mellitus steigt weltweit kontinuierlich an“, ergänzt Prof. Dr. Hans Hauner, Inhaber des Lehrstuhls für Ernährungsmedizin an der Technischen Universität München. „Dieser Trend wird sich nicht ohne umfassende und gezielte Anstrengungen umdrehen lassen. Regierungen und Unternehmen müssen ihren Teil dazu beitragen, dass auch beim Getränkekonsum die gesunde Wahl zur einfachen Wahl wird.“
Referenz des Cochrane Reviews:
Von Philipsborn P, Stratil JM, Burns J, Busert LK, Pfadenhauer LM, Polus S, Holzapfel C, Hauner H, Rehfuess E. Environmental interventions to reduce the consumption of sugar-sweetened beverages and their effects on health. Cochrane Database of Systematic Reviews 2019, Issue 6. Art. No.: CD012292.
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