Antibiotika-Resistenz – ein Grund zu Besorgnis für uns Alle!

Dieser Artikel ist der erste und einleitende Teil von drei Beiträgen zum Thema Antibiotika und antibakterielle Resistenzen.

„Es kann niemanden kalt lassen, dass immer mehr Menschen weltweit an Keimen sterben, die gegen Antibiotika resistent sind“, so Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe in einer Pressemitteilung im Februar 2017 zur Bekanntmachung zum Förderschwerpunkt „Antibiotika-Resistenzen und nosokomiale Infektionen“.

Auch mich lässt es nicht kalt. Ich denke an meine Scharlach-Infektion vor ein paar Jahren. Antibiotika verhalfen mir hier zu einer schnellen Genesung. Scharlach, wie so viele bakterielle Infektionen, kann lebensbedrohliche Folgen haben, aber kann heute dank Antibiotika schnell und erfolgreich behandelt werden. Somit gehört die Entdeckung von Antibiotika Anfang des letzten Jahrhunderts zu den Sternstunden der Medizingeschichte. Durch die weltweit steigenden Antibiotika-Resistenzen hingegen droht dieser Stern nun wieder zu erlöschen.

Warum Antibiotika-Resistenz ein zunehmender Grund zur Besorgnis ist

Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) kann man bei steigender Antibiotika-Resistenz bis 2050 weltweit mit etwa zehn Millionen Todesfällen pro Jahr als Folge von Infektionen mit antibiotikaresistenten Bakterien rechnen. Die Zahlen sprechen für sich, vor allem wenn man sich klar macht, dass in den letzten Jahrzehnten nur wenige neue Antibiotika entwickelt wurden. Zudem setzen sich oft schnell nach der Markteinführung eines neuen Antibiotikums Resistenzen durch.

„Wenn keine wirksamen neuen Antibiotika gefunden werden und sich die Resistenzen weiter ausbreiten, droht der Gesellschaft eine Rückkehr zu Verhältnissen, wie sie vor der Entdeckung der Antibiotika herrschten, als Kinder oft an einer einfachen Lungenentzündung starben und Ärzte gegen Meningitis machtlos waren“, gemäß Informationen der WHO.

Resistenz – wie kommt’s?

WHO Fakten und Zahlen

Resistenzen entstehen durch natürliche Anpassungen von Bakterien an ihre „Lebensumstände“: Bei Antibiotikaanwendung kann sich das Erbgut (Genom) einiger Bakterien so verändern oder anpassen (Mutation), dass sie unempfindlich gegenüber Antibiotika werden und diese somit nicht mehr wirken. Die resistent gewordenen Bakterienstämme haben dadurch einen Überlebensvorteil gegenüber nicht resistenten Stämmen und können sich ausbreiten. So wird deutlich, dass der unangemessene oder übermäßige Einsatz von Antibiotika („Umstand“) die Resistenzentwicklung („Anpassung“) von Erregern fördert.
Leichtfertiger Einsatz von Antibiotika zählt zu den Hauptfaktoren für Resistenzen

Unsachgemäßer Einsatz von Antibiotika kann von Ärzten ausgehen, die Antibiotika leichtfertig oder routinemäßig verschreiben, wie zum Beispiel bei Erkältungen. Oder durch übermäßige Verwendung von Breitband-Antibiotika, welche zwar auf eine Reihe von Erregern wirken, aber im Gegenzug auch die Resistenz dieser „Reihe“ fördern.

So manche meiner tropischen Reiseapotheken kommt mir gerade in den Sinn, die meine Ärzte oft mit Antibiotika aufstockten „für den Fall, dass….“. Natürlich fühlte es sich beruhigend an, gut „vorbereitet“ zu sein. Auf der anderen Seite hätte ich mich bei Einnahme auf Beipackzettel und Selbstdiagnose verlassen müssen!

Mein eigenes Beispiel macht hier deutlich, dass die unsachgemäße Anwendung auch leicht von Patienten ausgehen kann, die durch Selbstdiagnosen, mangelnde Aufklärung oder Informationen unbegründet auf Antibiotika bestehen, oder diese schlicht und einfach falsch anwenden. Denn auch wenn Antibiotika nicht lange genug eingenommen werden, können krankmachende Bakterien im Körper überleben, sich anpassen und Resistenzen entwickeln.

Krankenhausinfektionen sind ein besonderer Grund zur Besorgnis

Hinzu kommt, dass Bakterien zugleich gegen mehrere Antibiotika widerstandfähig werden können. Solche multi-resistenten Bakterien finden sich oft in Krankenhäusern oder anderen Gesundheitseinrichtungen, wo zum einen viele Krankheitserreger aufeinandertreffen und zum anderen viele Antibiotika eingesetzt werden. Somit sind Infektionen, die sich Patienten durch den Besuch einer Gesundheitseinrichtung zuziehen (fachsprachlich nosokomiale Infektionen genannt), oft besonders schwerwiegend.

„Es trifft immer die anderen. Die anderen denken das auch“ – Petrus Ceelen

In der Tat erkranken laut der Internetseite zu Antibiotika-Resistenzen des Bundesministeriums für Gesundheit in Deutschland jährlich 400.000 bis 600.000 Menschen an nosokomialen Infektionen, 10.000 bis 15.000 sterben daran. Zumindest ein Teil dieser erworbenen Infektionen sollen durch resistente Erreger verursacht sein. Laut WHO sterben jedes Jahr allein in Europa geschätzt 25.000 Menschen an schweren Infektionen mit resistenten Bakterien, die in einer Gesundheitseinrichtung erworben wurden.

Verstärkte Kenntnisse zum gezielten, sachgerechten Einsatz von Antibiotika dringend notwendig

Dies macht nicht nur die Dringlichkeit des von Hermann Gröhe verkündeten Förderschwerpunkts zu „Antibiotika-Resistenzen und nosokomialen Infektionen“ mit rund 4 Millionen Euro als Teil der Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie DART, deutlich, es zeigt auch die Notwendigkeit relevanter Informationen und Forschungsergebnisse, denn:

„Kenntnisse über den Umgang mit Antibiotika und die Ursachen von Resistenzen sind eine grundlegende Voraussetzung für deren sachgerechte Anwendung“, laut der Mitteilung zum Förderschwerpunkt.

Cochrane trägt mit einschlägigen Informationen zur sachgerechten Antibiotika Anwendung bei

Mehrere Cochrane Reviews widmen sich dem Thema, wie Antibiotika besser angewendet werden können und dadurch indirekt auch damit, wie Resistenzen vermindert werden können. So zum Beispiel auch der kürzlich veröffentlichte Cochrane Review unter dem Titel „Interventions to improve antibiotic prescribing practices for hospital inpatients“, welcher einschlägige Schlussfolgerungen lieferte. Mehr zu den Ergebnissen dieses aktuellen Reviews gibt es im nächsten Wissen Was Wirkt-Beitrag.
Stay tuned!

Andrea Puhlo  Text: Andrea Puhl

Quellen: