Die Impfungen gegen COVID-19 kommen in vielen Ländern gut voran. Weniger erfreulich verläuft bisher die Suche nach wirksamen Therapien für COVID-19-Patienten. Die Zahl von mehr oder minder plausiblen Ansätzen ist schwer zu überschauen, die Ergebnisse aus mitunter wenig zuverlässigen Studien widersprechen sich oft. Das Evidenz-Ökosystem CEOsys, ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung fianzierter Forschungsverbund von 20 deutschen Unikliniken, an dem auch Cochrane beteiligt ist, hat sich zum Ziel gesetzt, die Ergebnisse der stetig wachsenden Zahl von klinischen Studien zusammenzufassen. Die Forschenden von CEOsys sichten und bewerten alle verfügbaren Studienergebnisse und erstellen engmaschig aktualisierte Evidenzsynthesen, die den aktuellen Stand der Forschung wiedergeben. Die Evidenzsynthesen von CEOsys sind Grundlage für zahlreiche Empfehlungen der deutschen S3-Leitlinie für die stationäre Therapie von COVID-19. Diese Arbeit aus CEOsys geht nun auch in eine Serie von voraussichtlich zehn Cochrane Reviews zu Ansätzen der COVID-19-Therapie ein, die in den kommenden Wochen erscheinen sollen. Den Anfang machen Reviews zu Rekonvaleszenten-Plasma und Vitamin D.
Zunächst erschien am 20. Mai die inzwischen vierte Aktualisierung des Cochrane Reviews zur Wirkung von sogenanntem Rekonvaleszenten-Plasma. Dabei handelt es sich um das Blutplasma von Spendern, die von COVID-19 genesen sind. Es enthält Antikörper gegen SARS-CoV-2 und könnte dem Immunsystem von kranken Empfängern beim Kampf gegen das Virus helfen könnten, so die Hoffnung. Die im Review zusammengefasste Evidenz aus inzwischen neun randomisierten kontrollierten Studien von hoher Vertrauenswürdigkeit mit über 12.000 Teilnehmenden bestätigt dies allerdings nicht: „Es ist zwar bedauerlich, aber umso wichtiger zu wissen: Rekonvaleszenten-Plasma ist keine wirksame Therapie für Patienten die aufgrund der Schwere ihrer COVID-19 Erkrankung im Krankenhaus behandelt werden“, erklärt Vanessa Piechotta von der Uniklinik Köln und Cochrane Haematology.
Ein ausführliches Hintergrund-Interview mit der Hauptautorin des Reviews finden Sie auf unserem deutschsprachigen Cochrane-Blog Wissen Was Wirkt. In diesem Podcast von Cochrane unterhalten sich die Erstautorinnen Vanessa Piechotta und Claire Iannizzi von der Uniklinik Köln über die Ergebnisse. Den Review selbst finden Sie hier.
Der ebenfalls von Cochrane Haematology erstellte neue Cochrane Review zur Wirksamkeit einer Supplementierung mit Vitamin D zur Behandlung von COVID-19 erschien am 24. Mai. Der Ansatz beruht vor allem auf der Beobachtung, dass COVID-19-Patienten oft geringe Vitamin-D-Spiegel aufweisen. Allerdings ist umstritten, ob es sich dabei um einen ursächlichen Zusammenhang handelt. Die Ergebnisse dieses Reviews fallen weit weniger eindeutig aus. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass es derzeit keine ausreichende Evidenz gebe, um den Nutzen und Schaden einer Vitamin-D-Supplementierung zur Behandlung von COVID-19 zu bestimmen. Allerdings fanden die Autoren eine Reihe von noch laufenden Studien, die schon bald eine bessere Beurteilung dieses Ansatz erlauben könnten. Diese werden in die schon bald geplanten Updates des Reviews eingehen. Auch zu diesem Thema haben die Autoren einen deutschsprachigen Podcast produziert, den Sie hier anhören können.
Zum vollständigen Review: Vitamin D supplementation for the treatment of COVID‐19: a living systematic review