Ungefähr jeder zehnte bis zwanzigste Mensch in Deutschland erlebt im Laufe seines Lebens einen epileptischen Anfall, jeder hundertste lebt mit der Diagnose Epilepsie. Die meisten Betroffenen profitieren von einer antiepileptischen Medikation, die die für einen epileptischen Anfall typische synchrone Enthemmung vieler Nervenzellen wirksam reduzieren kann. Leider schlägt diese Therapie aber nicht bei allen Betroffenen ausreichend an.
Ein aktueller Cochrane Review widmet sich dieser Gruppe von Betroffenen und untersucht die Behandlungsmöglichkeiten von therapieresistenten Patient*innen mit fokaler Epilepsie, speziell mithilfe einer immunmodulierenden Therapie. Bei einer fokalen Epilepsie lässt sich ein begrenztes Areal im Hirngewebe als Ursprung epileptischer Anfälle identifizieren.
Unter einer immunmodulierenden Therapie versteht man pharmakologische Behandlungsmöglichkeiten, die das Immunsystem beeinflussen, z.B. Glucocorticoide. Darüber hinaus gibt es jedoch noch zahlreiche andere Wirkstoffe, die in der jüngeren Vergangenheit entwickelt wurden: Interleukin-Rezeptor-Antagonisten, intravenöse Immunglobuline und verschiedene monoklonale Antikörper (erkennbar am Suffix „-mab“). Die Idee hinter diesem Behandlungsansatz ist, entzündliche Anteile in der Entstehung eines epileptischen Anfalls zu unterdrücken.
In den aktuellen Review wurden Studien eingeschlossen, die eine immunmodulierende Therapie bei therapieresistenten Patient*innen mit einer fokalen Epilepsie über 2 Jahre zusätzlich zu einer antiepileptischen Standardmedikation untersuchten. Insgesamt konnten 172 Teilnehmende aus drei randomisiert kontrollierten Studien einbezogen werden, die im Schnitt 6 Wochen lang therapiert wurden.
Das wichtigste Ergebnis: Während sich mit Placebo die Zahl epileptischer Anfälle bei rund 155 pro 1000 Patient*innen mindestens halbiert, beträgt diese Anzahl mit einer immunmodulierenden Therapie 357 (95%-KI: 178 bis 713) pro 1000. Die Rate der sogenannten „Responder“ nach immunmodulierender Therapie kann also wahrscheinlich mehr als verdoppelt werden (moderate Vertrauenswürdigkeit nach GRADE).
Auf unerwünschte Ereignisse oder Therapieabbrüche hat eine immunmodulierende Therapie hingegen möglicherweise keinen oder nur einen geringen Einfluss. Unspezifische Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Müdigkeit und Magen-Darm-Beschwerden wurden jedoch häufiger im Zusammenhang mit einer immunmodulierenden Therapie berichtet.
Die Autor*innen des Reviews merken jedoch selbst an, dass die Datenlage bisher noch sehr dünn ist. So stehen in der Meta-Analyse 38 „Responder“ nach immunmodulierender Therapie 9 „Responder“ nach Placebogabe gegenüber.