Die Dringlichkeit, gegen Antibiotika-Resistenzen aktiv zu werden rückt weltweit in den Fokus von Öffentlichkeit, Forschung und Politik. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) veröffentlichte Ende Februar erstmals eine Liste der 12 gefährlichsten Bakterienstämme/familien. Der Aufruf, dass dringend neue Wege gefunden werden müssen um Antibiotika-Resistenzen entgegenzuwirken, hallt laut und deutlich.
Viele Wege können zum Ziel führen, doch welche kommen an?
Wenn es um die Bekämpfung von Antibiotika-Resistenzen geht, sollte der Weg ein möglichst direkter sein. Einer wäre, auf die Entwicklung neuer Antibiotika zu drängen – ein großes Anliegen der WHO:
„Wenn wir es alleine den Marktkräften überlassen, werden die neuen Antibiotika, die am nötigsten gebraucht würden, nicht rechtzeitig entwickelt werden“, so Marie-Paule Kieny, Assistent Director General – Health Systems and Innovation, WHO.
Entsprechend der Dringlichkeit, dagegen anzugehen teilte die WHO die Liste der zwölf gefährlichsten Bakterienfamilien in drei Kategorien ein: Priorität 1 – Kritisch; Priorität 2 – Hoch; Priorität 3 – Mittel.
Zur „kritischsten“ aller Kategorien zählen multi-resistente Bakterien, die gegen mehrere Antibiotika zugleich widerstandfähig sind. Diese stellen eine besondere Gefahr in Krankenhäusern und anderen Gesundheitseinrichtungen dar. Zu dieser Kategorie gehören Gattungen wie etwa Acinetobacter, Pseudomonas und verschiedene Enterobacteriaceae, welche schwere und oft auch lebensbedrohliche Infektionen auslösen können, zum Beispiel Lungenentzündungen.
Die Entwicklung neuer Antibiotika ist deshalb wesentlich wird aber wahrscheinlich noch Jahre dauern. Was kann zwischenzeitlich getan werden? Wie kann man jetzt schon gegen Antibiotika-Resistenzen vorgehen, vor allem in Krankenhäusern?
Ein neuer Cochrane Review zeigt praktische Wege auf, den Einsatz von Antibiotika zu optimieren
Zu der Frage kann ein aktualisierter Cochrane Review Antworten liefern. Zwar nicht auf dem vermeintlich „direkten Wege“, d.h. der Entwicklung neuer Medikamente, sondern auf dem „indirekten“: dass wirksame Interventionen zur Verfügung stehen, welche unnötige Verschreibungen von Antibiotika in Krankenhäusern reduzieren, den angemessenen Einsatz aber gewährleisten und somit indirekt der Resistenzentstehung den Boden entziehen.
Um welche Interventionen geht es im Review genau?
Antibiotika werden in Krankenhäusern viel häufiger als notwendig verschrieben. Deshalb untersuchten die AutorInnen die Wirksamkeit und Sicherheit von Maßnahmen, die die Art und Weise, wie ÄrztInnen in Krankenhäusern Antibiotika verschreiben, verbessern sollen. Auch untersuchten Sie, welche dieser Maßnahmen besser als andere wirken.
Die untersuchten Maßnahmen können in eine von zwei Kategorien gruppiert werden: 1- „Einschränkende“ Maßnahmen, wie zum Beispiel Verschreibungsvorgaben und Regeln für ÄrztInnen und 2 – „befähigende“ Maßnahmen, die ÄrztInnen durch Feedback und Beratung bei Verschreibungen unterstützen sollen. Beide Maßnahmen haben das gleiche Ziel: die Anzahl der korrekten Verschreibungsentscheidungen zu erhöhen, sodass PatientInnen, die wahrscheinlich nicht von Antibiotika profitieren, diese auch nicht bekommen, jedoch jene, die von Antibiotika einen Nutzen haben, sehr wohl.
Ergebnisse auf den Punkt gebracht
Die AutorInnen des Reviews fanden 221 Studien aus den USA, Europa, Asien, Südamerika und Australien. Sie fanden Evidenz von hoher Qualität in 29 randomisierten kontrollierten Studien, an denen insgesamt 23.394 stationäre PatientInnen teilgenommen hatten. Bei allen Arten von Interventionen zur Verbesserung der Verschreibungspraxis erhielten 58 % der stationären KrankenhauspatientInnen die Behandlung im Einklang mit den Verschreibungsleitlinien, verglichen mit 43 % in der Gruppe mit Standardverschreibungspraxis.
Die Maßnahmen verkürzten die Einnahmezeit von Antibiotika pro PatientIn von 11 auf 9 Tage und reduzierten auch die Aufenthaltsdauer im Krankenhaus pro PatientIn von im Schnitt 13 auf 12 Tage. Daten aus 28 randomisierten Studien mit 15.827 PatientInnen zeigten, dass das Sterberisiko in beiden Behandlungsgruppen bei 11 % lag, was darauf hinweist, dass ein verringerter Einsatz von Antibiotika sich nicht nachteilig auf die Sterblichkeit auswirkt.
Daten aus 26 nicht-randomisierten Studien lieferten nur begrenzte Evidenz in Bezug auf den Zusammenhang zwischen der Einführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Verschreibungspraxis und der Reduktion von Krankenhausinfektionen.
Schlussfolgerungen
Was meinen die AutorInnen zu den Kernergebnissen ihres Berichtes? Wie sicher sind sie sich?
„Wir brauchen nicht noch mehr Studien, um die Frage zu beantworten, ob diese Interventionen den unnötigen Einsatz von Antibiotika verringern, sondern wir brauchen mehr Forschung, um zu verstehen, warum die wirksamsten Interventionen zur Verhaltensänderung nicht allgemein in Krankenhäusern übernommen werden“ , so Erstautor Peter Davey.
Text: Andrea Puhl
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