Ältere Menschen leiden oft unter einer übertriebenen Angst zu stürzen, die sich negativ auf Körper und Seele auswirkt. Ob eine kognitive Verhaltenstherapie diese Sturzangst vermindern kann, hat ein aktueller Cochrane Review untersucht.
Viele ältere Menschen haben Angst zu stürzen. Sei es, weil sie davor gewarnt wurden oder weil sie die Konsequenzen eines Sturzes wie einen Knochenbruch direkt oder indirekt miterlebt haben. Tatsächlich stürzen jedes Jahr bis zu 34 % der älteren Erwachsenen, 5 % erleiden dabei Knochenbrüche.
Obwohl sie also nicht ganz unbegründet ist, kann übermäßige Furcht vor dem Stürzen dazu führen, dass ältere Menschen ihre täglichen Aktivitäten einschränken, um das Risiko von Stürzen zu minimieren. Auf diese Weise kann sich übertriebene Sturzangst auf körperlicher, psychischer und sozialer Ebene negativ auswirken und einen Teufelskreis von Verunsicherung, abnehmendem Wohlbefinden und körperlichem Abbau in Gang setzen. Hier könnte eine kognitive Verhaltenstherapie dazu beitragen, „maladaptive“ Gedanken und Verhaltensweisen zu vermeiden, um so dem Teufelskreis zu entkommen. Aber hilft das wirklich?
Auf der Suche nach einer Antwort hat ein Cochrane-Team unter Federführung von Schweizer Autor*innen alle verfügbaren Studien zu der Fragestellung gesichtet, ob eine kognitive Verhaltenstherapie mit oder ohne zusätzlichem Bewegungstraining die Sturzangst bei älteren Menschen reduziert. Der Review befasste sich dabei explizit nur mit Älteren, die noch selbständig ohne Betreuung in ihrem normalen Umfeld lebten.
Sie fanden 12 Studien (5 davon aus den USA) mit 2383 Personen, deren Durchschnittsalter zwischen 73 und 83 Jahren lag. In den Studien wurden acht unterschiedliche Behandlungsmaßnahmen eingesetzt. Die meisten wurden in Gruppen von fünf bis zehn Teilnehmenden durchgeführt, dreimal pro Woche bis einmal pro Monat und über einen Zeitraum von acht bis 48 Wochen.
Das Ergebnis klingt hoffnungsvoll: Die kognitive Verhaltenstherapie mit und ohne Bewegungstraining verringert wahrscheinlich die Sturzangst bei älteren, selbstständig lebenden Menschen. Dies wurde anhand von Fragebögen nach Abschluss der Behandlung gemessen. Die Verbesserungen scheinen die ersten sechs Monate nach der Therapie und auch darüber hinaus anzuhalten: Die Betroffenen trauten sich wieder mehr Aktivitäten zu, die sie zuvor aus Angst vor einem Sturz vermieden hatten. Auch depressive Symptome besserten sich.
Die Stärke dieses Effekts war allerdings gering, so dass schwer abschätzbar ist, ob er im Alltag der Betroffenen deutlich spürbar ist. „Angesichts der chronischen Natur der Angst vor Stürzen und des Teufelskreises der körperlichen, psychischen und sozialen Folgen der Sturzangst kann aber selbst eine geringfügige Verbesserung wichtig sein“, meint Eric Lenouval, Erstautor des Reviews und Psychiater am Universitätsspital Bern.
Neben den bereits empfohlenen Maßnahmen zu körperlichem Training (hierzu gibt es einen älteren Cochrane Review) kommen bei Sturzangst daher auch verhaltenstherapeutische Maßnahmen in Frage. Ob diese letztlich auch das Risiko von Stürzen senkt, kann der vorliegende Review aufgrund unsicherer Evidenz zwar nicht beantworten. Doch den Betroffenen geht es nach der Therapie besser und sie sind aktiver.
Zum Review "Kognitive Verhaltenstherapie gegen Sturzangst bei Älteren"
Zum Review "Verringerung der Sturzgefahr im häuslichen Umfeld bei älteren Menschen"