Cochrane passt seine Strategie für Open Access bis 2025 an. Einzelheiten dazu hat das Central Executive Team in London kürzlich in einer Mitteilung bekannt gegeben, die wir hier in Übersetzung veröffentlichen.
Open Science - zu Deutsch auch Offene Wissenschaft - steht für Forschung, die so transparent, zugänglich und nachvollziehbar wie möglich ist. Genau diese Offenheit ist für Cochrane schon immer ein zentrales Grundprinzip.
So veröffentlichen wir Zusammenfassungen von Cochrane Reviews in zahlreichen Sprachen und stellen Studiendaten frei zur Verfügung. Seit 2013 ist auch der Volltext eines jeden Cochrane Reviews standardmäßig ein Jahr nach der Veröffentlichung in der Cochrane Library für alle kostenlos verfügbar. Mehr als drei Milliarden Menschen weltweit haben sogar sofortigen Zugang zu allen neuen Inhalten - dank nationaler Zugangsvereinbarungen und eines speziellen Angebots für über 100 Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen.
Das ist gut, es geht aber noch mehr. Unser Ziel ist klar: Wir möchten den Zugang zu Cochrane-Evidenz weiter verbessern – im Idealfall in Form von vollständigem Open Access, also dem sofortigen freien Zugang für alle zu allen Inhalten.
Doch auch Cochrane steht vor der Herausforderung, diesen Anspruch an der Realität zu messen. Und die ist ebenso eindeutig: Um Reviews und anderen Evidenzsynthesen produzieren und veröffentlichen zu können, benötigt Cochrane Einnahmen. Wir müssen unsere Ambitionen für Open Access mit der Verantwortung abwägen, unsere gemeinnützige Organisation auch in einem schwieriger gewordenen Umfeld nachhaltig zu führen. Ein Modell, das unsere Inhalte kostenlos macht, uns aber der Möglichkeit beraubt, diese zu erstellen und zu veröffentlichen, wäre für niemanden von Vorteil.
Unser ursprüngliches Ziel war es, bis 2025 alle Cochrane Reviews offen zugänglich zu machen – vorausgesetzt, wir könnten dafür einen finanziell tragbaren Weg finden, ohne die Autor*innen zu belasten. Zuletzt wurde jedoch klar, dass dies in diesem Zeitrahmen nicht möglich ist. Obwohl vollständiger Open Access unser Ziel bleibt, müssen wir realistisch sein, wie schnell wir dies erreichen können. In der Zwischenzeit sucht Cochrane nach Wegen, den Zugang zu unseren Inhalten schrittweise zu erweitern.
Unabhängigkeit ist eines der wichtigsten Prinzipien von Cochrane: Wir akzeptieren keine Spenden oder Sponsoring von interessengeleiteten Quellen wie Pharma- oder Medizingeräteunternehmen. Das unterscheidet Cochrane von vielen anderen medizinischen und wissenschaftlichen Non-Profit-Organisationen, die auf Förderung durch die Industrie angewiesen sind.
Nicht so Cochrane. Als eine Organisation, welche die Evidenz für medizinische Interventionen und Diagnoseverfahren unparteiisch bewertet, die von Unternehmen hergestellt und beworben werden, haben wir strenge Regeln für den Fall von Interessenkonflikten, die unsere Inhalte vor einer interessengeleiteten Beeinflussung schützen.
Wir möchten, dass unsere Reviews für so viele Menschen wie möglich zugänglich sind, aber wir werden unsere Prinzipien oder Qualität nicht kompromittieren. Die Komplexität der Produktion, Bearbeitung und Veröffentlichung systematischer Übersichten macht Cochrane Reviews ungeeignet für das sogenannte „Gold“-Modell des Open Access, bei dem Autor*innen die Kosten einer Veröffentlichung tragen.
Das Durchführen und Veröffentlichen systematischer Übersichten ist aufwändig - diese wichtige Arbeit muss finanziert werden. Da wir Open Access nicht so schnell wie geplant verwirklichen können, arbeiten wir nun mit unserem Verlagspartner Wiley zusammen, um den globalen Zugang zu Cochrane-Inhalten zu erweitern und gleichzeitig sicherzustellen, dass wir sie weiterhin produzieren können.
Gemeinsam arbeiten wir daran, den kostenlosen öffentlichen Zugang weltweit erheblich auszuweiten. Vierzehn Länder haben derzeit nationale Regelungen, bei denen staatliche Stellen kostenlosen öffentlichen Zugang für alle im Land ermöglichen. Nutzer*innen aus diesen Ländern können ohne Paywall oder Anmeldung auf Inhalte der Cochrane Library zugreifen. Auf dieser Basis streben wir an, Inhalte für ganze Regionen freizuschalten, sobald eine kritische Masse von Ländern in der Region die Cochrane Library über nationale Regelungen abonniert. Auf dieses Ziel wollen wir gemeinsam mit Cochrane-Gruppen vor Ort, nationalen Förderern und Wiley hinarbeiten.
Wir beabsichtigen, ab 2025 alle Review-Protokolle, mit denen neue Themen in der Cochrane Library registriert werden, mit einer sogenannten CC-BY-Lizenz auch für eine Wiederverwendung durch Dritte zugänglich zu machen. Dies gilt auch für andere Formate wie Editorials und Zusammenfassungen in einfacher Sprache. Wir werden weiterhin in unser Open-Access-Journal, Cochrane Evidence Synthesis and Methods, investieren, um der globalen Evidenzsynthese-Community zu helfen, mit den neuesten methodologischen Entwicklungen Schritt zu halten. Möglicherweise fügen wir unserem Portfolio in Zukunft weitere Open-Access-Zeitschriften hinzu.
Momentan arbeiten wir noch an den Details unseres langfristigen Übergangs zu Open Access. Wir sind aber zuversichtlich, dass wir eine nachhaltige Lösung finden werden, die den Bedürfnissen von Autor*innen, Leser*innen und Abonnent*innen entspricht. Die Cochrane Collaboration wurde vor 30 Jahren gegründet, um entscheidende Lücken in der medizinischen Evidenz zu füllen – um unsere Mission auch in den kommenden Jahrzehnten erfüllen zu können, müssen wir nun unsere Handlungsfähigkeit und unsere Integrität bewahren. Wir hoffen auf Ihre breite Unterstützung auf dieser Reise, damit wir weiterhin die beste Gesundheitsevidenz auswerten und in Form unserer Reviews, denen seit nunmehr 30 Jahren Forscher*innen, Kliniker*innen und politischen Entscheidungsträger*innen in aller Welt vertrauen, überall und für jeden zugänglich machen können.