Cochrane-Autoren gingen in zwei systematischen Reviews der Frage nach, wie gut die Verhaltensaktivierung (eine Form der Verhaltenstherapie) bei Erwachsenen mit Depressionen wirkt. Der erste Review untersucht Evidenz zur generellen Wirksamkeit dieser Therapieform, der zweite betrachtet gezielt Patienten, die gleichzeitig unter körperlichen Erkrankungen leiden.
Depressionen sind eine sehr häufige psychische Erkrankung. Eine Depression kann ein anhaltendes Gefühl von Trauer hervorrufen und dazu führen, dass Betroffene ihr Interesse an anderen Menschen, Aktivitäten und Dingen, die ihnen früher einmal Spaß gemacht haben, verlieren. Zur Behandlung von Depressionen kommen unter anderem verschiedene Formen der Psychotherapie in Frage. Zwei kürzlich veröffentlichte Reviews der Cochrane Common Mental Disorders Group begutachten nun die Evidenz für eine dieser Therapieformen, die sogenannte Verhaltensaktivierung.
Die Verhaltensaktivierung soll Betroffenen helfen, Aktivitäten wieder aufzunehmen, die ihnen wichtig sind oder ihnen in der Vergangenheit Freude gemacht haben. So wird beispielsweise zusammen mit der Therapeutin oder dem Therapeuten ein Terminplan für die Ausübung der Aktivität festgelegt. In einem Verhaltensmonitoring überprüft dann gemeinsam, ob und wie die Aktivitäten ausgeführt wurden und in welchen Situationen eine Anpassung des Verhaltens oder der Aktivitäten hilfreich sein könnte. Die Grundidee dabei: Die Veränderung des Verhaltens soll der Schlüssel zur Veränderung der Emotion sein und so den selbstverstärkenden Teufelskreis der Depression durchbrechen.
Die Verhaltensaktivierung erhält zunehmend Aufmerksamkeit als eine Intervention gegen Depressionen, die weniger ressourcen-intensiv ist und eine geringere fachliche Ausbildung der Therapeuten erfordert als andere Behandlungsformen. Das könnte die Betreuung von Menschen mit Depressionen erleichtern. Besonders hilfreich könnte dies in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen sein, in denen oft weniger Spezialisten zur Verfügung stehen. Gerade weil das Interesse an dieser Therapieform steigt, ist es wichtig, ihre Umsetzung in die Praxis durch aktuelle Evidenz zu stützen.
Review 1: Verhaltensaktivierung gegen Depressionen bei Erwachsenen (Behavioural activation therapy for depression in adults)
In diesem Review, der 53 Studien enthält, schlussfolgern die Autoren, dass die verhaltensaktivierende Therapie eine wirksame Behandlung für Erwachsenen mit Depression sein kann und dass sie eventuell besser wirken könnte als herkömmliche Behandlungsmaßnahmen der Regelversorgung oder humanistische Psychotherapie.
Aus der Evidenz geht nicht hervor, ob die Therapie besser wirkt als medikamentöse Behandlungen oder andere spezifische psychologische Behandlungen. Die Autoren fanden keine Studien, die die Verhaltensaktivierung mit keiner Behandlung, der Behandlung mit Placebo oder mit integrativen Therapien verglich. Die Autoren fanden auch keine Unterschiede bezüglich der Wirksamkeit verhaltensaktivierender Methoden im Vergleich zur kognitiven Verhaltenstherapie oder der psychodynamischen Therapie.
Insgesamt befanden die Autoren, dass das Angebot dieser Therapiemöglichkeit in der Praxis Menschen mit Depressionen eine größere Auswahl an Behandlungsmöglichkeiten bieten kann. Zusätzlich sollten verschiedene Formate und Varianten dieser Therapieform erforscht werden, um das Unterstützungsangebot bei Depression zu verbessern.
2. Review: Verhaltensaktivierung gegen Depressionen bei Erwachsenen mit langwierigen physischen Erkrankungen (Behavioural activation therapy for depression in adults with non‐communicable disease)
Depressionen kommen häufig bei Menschen vor, die gleichzeitig an schwerwiegenden körperlichen Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Krebs oder chronischen Atemwegserkrankungen leiden. Im zweiten Cochrane Review gingen die Autoren der Frage nach, wie wirksam die Verhaltensaktivierung bei solchen Patienten ist.
Die Autoren fanden zur Wirksamkeit der verhaltensaktivierenden Therapie in diesen Fällen weit weniger Evidenz. Dieser Review schloss nur zwei Studien ein; eine mit Menschen, die sich von einem Schlaganfall erholten und eine andere mit Frauen, die an Brustkrebs litten. Die Verhaltensaktivierung schien kurz- und mittelfristig wirksamer als eine Standard- Behandlung („usual care“) zu sein. Allerdings waren die Ergebnisse zu ungenau und die Wirksamkeit war bei länger angelegten Studien geringer. Insgesamt erlaubt die vorhandene Evidenz nach Ansicht der Autoren keine klare Einschätzung der Wirksamkeit der Verhaltensaktivierung für Menschen, die parallel Unter Depressionen und langwierigen körperlichen Krankheiten leiden.