Definition und Hintergrund
Erstmalig 1975 vom Office of Technology Assessment (OTA) in den USA eingeführt bezeichnet der Begriff Health Technology Assessment (HTA) den Prozess der systematischen Bewertung medizinischer Verfahren und Technologien mit Bezug zur gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung. In Zeiten von wachsenden Gesundheitskosten und beschränkter Budgets verlangt der rasche Zuwachs an medizinischem Fachwissen, Therapien und Techniken den gewissenhaften Einsatz der zu Verfügung stehenden Ressourcen. Die kritische Beurteilung von medizinischen Prozessen und Verfahren in HTA-Berichten ist neben der Erstellung von Cochrane Reviews, Klinischen Leitlinien, Patienteninformationen etc. ein weiterer Schritt, um den Wissenstransfer des ständig steigenden Bestands an Evidenz in die Praxis zu gewährleisten.
In HTA-Berichten soll demnach die gesamte verfügbare externe Evidenz zur jeweiligen Fragestellung aufgefunden, kritisch beurteilt und bewertet werden. Abschließend wird ein zusammenfassender Bericht erstellt und gegebenenfalls Handlungsempfehlungen für die Gesundheitsversorgung gegeben. HTA-Berichte informieren behandelnde Ärzt*innen, Gesundheitsbehörden, Krankenkassen, Patient*innen selbst etc. über die experimentelle Wirksamkeit (efficacy), die Wirksamkeit unter Alltagsbedingungen (effectiveness), die Sicherheit (safety) und den gesundheitsökonomischen Stellenwert (cost-effectiveness), sowie den sozialen, ethischen und legalen Rahmen der jeweiligen Fragestellung. In diesem Zusammenhang darf HTA nicht nur als rein wissenschaftliche Methode verstanden werden. HTA definiert sich vielmehr über sein originäres Ziel: eine evidenzbasierte medizinische Entscheidungsfindung zu ermöglichen, um Kosteneffektivität („value for money“) in der Medizin sicherzustellen. Somit gehen HTA-Berichte über systematische Übersichtsarbeiten zur Wirksamkeit hinaus, enthalten diese jedoch als unverzichtbaren Kern, da ohne Wirksamkeit jede weitere Betrachtung überflüssig ist.
HTA in Deutschland
Seit 2016 ist das Institut für Wirtschaftlichkeit und Qualität im Gesundheitswesen (IQWiG) mit der Umsetzung einer neuen gesetzlichen Aufgabe betraut: Gemäß §139b (5) des Sozialgesetzbuchs V (SGB V) ist ein Vorschlagsverfahren für Themen vorgesehen, zu denen HTA-Berichte erstellt werden können. Der sogenannte „ThemenCheck Medizin“ beim IQWiG löst das öffentliche Vorschlagsverfahren für HTA-Berichte ab, das bis 2015 eine Aufgabe des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) war. Das DIMDI bietet weiterhin eine Informationsquelle zu HTA-Berichten in Deutschland an. Das IQWiG wird in einem zweistufigen Auswahlverfahren pro Jahr zwei bis fünf Themen zur Bearbeitung auswählen und nach Fertigstellung als HTA-Berichte veröffentlichen.
Curriculum HTA
In Antwort auf die bisher noch fehlende strukturierte und konsentierte Fort- und Weiterbildung für Health Technology Assessment hat der Verein zur Förderung der Technologiebewertung im Gesundheitswesen (HTA) e.V. gemeinsam mit dem Fachbereich HTA im Deutschen Netzwerk Evidenzbasierte Medizin ein Curriculum Health Technology Assessment erarbeitet.
Das Curriculum richtet sich an Personen, die Informationen aus HTA als Grundlage für Entscheidungen im Kontext der Gesundheitsversorgung nutzen möchten, bzw. HTA-Aufträge erteilen und an Personen, die selbst Technology Assessments erstellen möchten, bzw. an deren Erstellung beteiligt sind.
Autoren: Perleth M, Bestehorn K, Busse R, Gerhardus A, Lühmann D, Meyer VP, Siebert U.
HTA und Cochrane
Die Erstellung von HTA-Berichten und systematischen Übersichtsarbeiten der Cochrane Collaboration weisen grundsätzliche Gemeinsamkeiten auf:
Konzeptionell und methodisch zielen sowohl HTA-Berichte als auch Systematische Übersichtsarbeiten der Cochrane Collaboration darauf ab, die gesamte verfügbare Evidenz zu einer medizinischen Fragestellung, Prozedur oder Verfahren aufzufinden und in einem standardisierten und transparenten Prozess kritisch zu beurteilen und zusammenzufassen. Um dem kontinuierlich wachsenden Stand des Wissens gerecht zu werden, müssen diese Übersichtsarbeiten regelmäßig re-evaluiert und gegebenenfalls aktualisiert werden. Die hohe Qualität dieser Berichte soll durch externen Peer-Review und die Organisation von Schulungs- und Fortbildungsveranstaltungen sichergestellt werden. Des Weiteren werden Symposien, Kongresse und Seminare regelmäßig in beiden Fachbereichen durchgeführt um den methodologischen Fortschritt zu fördern. Darüber hinaus stellt die Cochrane Library, als derzeit kompletteste Quelle wissenschaftlicher Evidenz zu medizinischen Fragestellungen, oft den gemeinsamen Ausgangspunkt für HTA-Berichte und systematische Übersichtsarbeiten dar: Die umfassende Datenbank der Cochrane Collaboration mit Studien, Übersichtsarbeiten, HTA-Reports und Gesundheitsökonomischer Analysen ist zum einen die optimale Basis für neue HTA-Berichte und Systematische Übersichtsarbeiten und macht diese zum anderen leicht zugänglich für die Nutzer*in.
Weitere Links
- Kurse UMIT HTA University for Health Sciences, Medical Informatics and Technology, Hall, Österreich
- HTA-Newsletter, Ludwig Boltzmann Instituts für HTA
- Linksammlung